Forscher begreifen immer mehr, dass es sich bei der Covid-Infektion im Kern nicht um einen grippalen Infekt mit Befall der Atemwege, sondern um eine Entzündung der Kapillaren (Capillaritis) im ganzen Körper handelt. Auch wenn das Virus durch das Immunsystem längst besiegt ist, kann die Kapillarentzündung noch Monate fortbestehen oder aus bisher unbekannten Gründen wie ein Schwelbrand erst aufflammen. Je nach Disposition werden die Organe unterschiedlich stark befallen. Entsprechend ist dann das klinische Erscheinungsbild. Mit diesem einfachen Erklärungsmodell können die unterschiedlichen Post-Covid und Long-Covid Symptome zwangslos erklärt und eine ursachenbezogene Therapie eingeleitet werden.
Beim Herzmuskel entspricht das Krankheitsbild einem chronisch diffusen Entzündungssyndrom wie etwa bei Autoimmunerkrankungen. Durch eine gezielte entzündungshemmende Therapie können diese Prozesse erfolgreich behandelt werden. Bei unklaren Beschwerden am Herzen nach einer Covidinfektion oder einer Impfung sollte durch eine kardiologische Abklärung frühzeitig eine zielgerichtete Therapie eingeleitet werden.
Gefährdet sind junge Sportler, die sich zu früh nach einer Infektion belasten und Patienten mit Herzkreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung, Herzklappenfehler, Herzinsuffizienz oder Herzschrittmacher. Diese Menschen sollten sich Gedanken darüber machen, ob Anzeichen einer Postcovid-Symptomatik bestehen.
Habe oder hatte ich eine Coronainfektion? PCR-Test oder Antikörper-Test?
Ob Sie sich mit dem Coronavirus angesteckt haben oder hatten ist nicht immer leicht festzustellen. Viele Menschen bemerken es selbst gar nicht, dass sie sich infiziert haben oder hatten. Wenn Sie akut die typischen Symptome wie Fieber, Husten und Atemnot haben, dann sollten Sie sich testen lassen. Der richtige Test in dieser Phase ist der direkte Nachweis der Viruserbsubstanz mit dem sogenannten PCR-Test. Fühlen Sie sich nach einem grippalen Infekt auch ca. 5-7 Tagen später immer noch nicht richtig gesund, so können Sie durch einen Antikörper-Test feststellen, ob Sie sich mit dem Coronavirus infiziert hatten.
Darf ich nach einer Coronainfektion wieder Sport machen?
Sie sollten sich komplett fit fühlen, bevor Sie wieder mit dem Training beginnen. Ein zu früher Trainingsbeginn ist gefährlich, da das Coronavirus nicht nur die Lunge, sondern auch den Herzmuskel befallen kann. Haben Sie nach einem grippalen Infekt Herzrhythmusstörungen wie ein Herzstolpern, steigt Ihr Puls bei leichter körperlicher Belastung unverhältnismäßig schnell an oder fühlen Sie ein „Unbehagen“ in der Herzgegend, so kann eine kardiologische Abklärung Klarheit verschaffen, wann Sie wieder trainieren dürfen. Insbesondere hochauflösende Echokardiographiegeräte der neuesten Generation, die u.a. eine Messung der Herzmuskeldurchblutung ermöglichen können hier bei der Entscheidungsfindung weiterhelfen.
Welcher Sport ist für das Aufbautraining nach einer COVID-19 Infektion geeignet?
Beginnen Sie Ihr Aufbautraining vorsichtig, z.B. mit Geräteübungen. Vermeiden Sie Trainingseinheiten mit hoher Herz-Lungenbelastung. Steigern Sie die Belastung vorsichtig. Sollten Sie beim Training Beschwerden im Brustbereich fühlen, so kann z.B. eine Stressechokardiographie hilfreich sein, um Ihre Belastungsfähigkeit abzuschätzen. Generell gilt: Wenn Sie Beschwerden haben stoppen Sie sofort die Übung und vereinbaren einen Termin bei Ihrem Kardiologen.
Für wen ist eine Infektion gefährlich?
Es gibt unterschiedliche Risikogruppen für einen schweren Verlauf der Infektion, wobei auch jüngere Menschen ohne wesentliche Vorerkrankungen einen schweren Krankheitsverlauf haben können. Auf der anderen Seite sind von allen bisherigen Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf überproportional viele Menschen mit Herzkreislauferkrankungen betroffen. Beraten Sie sich mit Ihrem Kardiologen, ob Sie zu einer Risikogruppe gehören.
Ich habe Bluthochdruck, muss ich Medikamente absetzen?
Es gibt bisher keine Empfehlung für das Weglassen eines Medikamentes. Der Wirkmechanismus der Infektion wurde mit dem ACE-2 Rezeptor in Verbindung gebracht, es hat sich allerdings nicht erwiesen, dass die Einnahme eines ACE-Hemmers (z.B. Ramipril) oder eines AT1-Blockers (z.B. Candesartan) die Infektion begünstigt. Ein Absetzen dieser Medikamente wird ausdrücklich nicht empfohlen. Sprechen Sie mit Ihrem Kardiologen, wenn Sie Fragen zu Ihrer Medikation haben.
Ich habe Asthma, muss ich Kortison absetzen?
Es gibt keine Empfehlung dafür, bei einer COVID-19 Infektion Ihre Medikamente zu verändern, insbesondere sollten kortisonhaltige Medikamente nicht eigenständig abgesetzt werden. Als Patient mit Asthma oder COPD und einer nachgewiesenen Infektion nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit Ihrem Pulmonologen auf.
Welche Erkrankungen sind besonders ungünstig bei einer Infektion?
Das sind verschiedene Vorerkrankungen wie zum Beispiel Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht, COPD, Asthma, Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung, Herzklappenfehler oder die Kombination mehrerer. Bei einer Infektion können Sie sich auch mit Ihrem Kardiologen am Telefon besprechen.
Ich bin herzkrank, was muss ich beachten?
Wenn Sie keine Beschwerden haben und nicht mit COVID-19 erkrankt sind, sollten Sie wie gewohnt Ihren Kardiologen aufsuchen, falls Sie Beschwerden haben, vereinbaren Sie bitte einen zeitnahen Termin. Sollten Sie sich infiziert haben und nach einer Quarantäne nicht mehr ansteckend sein, suchen Sie baldmöglichst Ihren Kardiologen auf, insbesondere wenn sie neu Herzrhythmusstörungen z.B. ein Herzstolpern haben oder eine Kurzatmigkeit. Selten kann eine überstandene Infektion auch Folgeerkrankungen an anderen als Organen auslösen, so kann insbesondere das Herz davon betroffen sein.
Was kann bei einer Infektion mit COVID-19 passieren?
Unsere Gesundheit ist keine statische Größe, sie hängt immer von den Umständen ab: ein Patient mit gut eingestelltem Blutdruck oder Diabetes mellitus, stabiler Herzinsuffizienz, COPD ohne akute Exazerbation, stabiler koronarer Herzkrankheit ist sicher weniger anfällig für einen schweren Verlauf als bei einer akuten Verschlechterung dieser Vorerkrankung. Auf der anderen Seite sind bei den bisherigen schweren Verläufen überproportional viele Menschen mit Herzkreislauferkrankungen betroffen. Die Infektion kann sich negativ auf die Lungenfunktion und Herztätigkeit auswirken. In besonders schweren Fällen kann eine stationäre Behandlung notwendig sein.
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